Hilfe! Unsere Zivis sind weg!

Die kaum vorhandenen Bewerbungen für den Bundesfreiwilligendienst (BFD), der den Zivildienst ersetzen sollte, werfen die Frage auf, ob die Wehrpflicht zu überhastet abgeschafft wurde.

Diesen Satz und die Klagen der Wohlfahrtsverbände bekommt man gerade überall mit. In der Zeitung, im Fernsehen, im Radio und auch einen Artikel beim BR habe ich darüber gelesen. Überall schlagen die Wohlfahrtsverbände Alarm, dass sich fast keine Freiwilligen verpflichtet haben. Und das daran allein die Politik schuld sei.

Das denke ich nicht. Die Politik hat das alles abgeschafft. Ich persönlich bin froh. Muss ich doch keinen Zivilidienst mehr machen und kann ab Oktober schon studieren.
Jetzt wurde der Freiwilligen Dienst eingeführt und hier kommen einfach keine Jugendliche mehr. Was für ein Wunder. Dabei haben die Wohlfahrtsverbände doch genauso viel gemacht dass wir kommen wie damals für die Zivis. Also nichts. Die Zivis kamen von alleine. Der einzige Anreiz war die Pflicht. Und jetzt ist die Pflicht weg. Also ist auch der Anreiz nicht mehr da alten Menschen freiwillig zu helfen während die Gesellschaft einem in den Nacken brüllt „Nach der Schule musst du gleich studieren und dann arbeiten bis du alt bist“.

Warum sollte wir in dieser Zeit eine kleine Pause einlegen. Einen Dienst für die Gesellschaft verrichten und dafür fast nicht bekommen?

Ja klar. Erfahrung und eine Bezahlung gibt es schon. 330€ pro Monat. Haha. Guter Witz. Spaß beiseite. Da mache ich doch lieber ein Praktikum, was mir mehr bringt und auch besser bezahlt wird. Oder gleich eine Ausbildung von der ich später wirklich was habe. Ganz ehrlich. So kann das doch nichts werden.

Die Wohlfahrtsverbände müssen das Verstehen! Einen Anreiz müssen sie uns Jungen bieten. Sie müssen rausschreien „Hallo, hier sind wir. Wir geben dir hier die Möglichkeit dich bei uns zu entwickeln. Neues zu lernen. Und eine angemessene Bezahlung bekommst duch auch noch“.
Nur wenn sich die einzelnen Verbände bei uns vorstellen und auch in einen Wettbewerb treten kann das funktionieren. Ich will direkt vom Roten Kreuz, der Diakonie etc. angesprochen werden und sie sollen mir direkt sagen, dass sie mich wollen und was sie mir alles bieten. Nicht der Staat. Der braucht micht nicht. Die Wohlfahrtsverbände brauchen mich. Und ich werde sicher nicht an einem Altenheim vorbei gehen und mir denken „Ein Altenheim. Da schaue ich doch mal rein und arbeite bei denen für nichts.“

Ich will Werbung von den Stellen sehen! Ich will von ihnen direkt angesprochen werden! Ich will einen Anreiz für diese Zeit!

Und jetzt will ich eure Meinung hören.

, , ,

5 Kommentare

Kate am 11. Juni 2011

Ich muss ganz ehrlich sagen, als Außenstehnde finde ich die Anforderung, zum Wohltätigsein gelockt zu werden äußert provokant. Es kann doch nicht sein, dass es große bunte Schilder mit „Komm! Helft uns! Wir sind wohltätig und das kannst auch du!“, das Einzige sind was Leute motiviert zu helfen. In was für einer von den Medien kontrollierten Welt leben wir denn? Je dümmer und fauler die Jugend, und meiner Meinung häufen sich die, je mehr benötigt es Zwang um irgendetwas Gutes auf die Beine zu stellen. Aber klar, hau ein paar saftige Brüste auf das Werbungsplakat und schon trudeln die ersten Männer ein. Es wirkt bestimmt aber zu welchem Preis? Hängt das Wohl der Leute die es brauchen an der Werbepräsenz? Die ganzen Nachbarschaftshilfen gehen doch unter. Bis sich da sich irgendeiner überlegt sich dort anzumelden, sind die doch schon längst untergegangen und alte Menschen können nicht mehr zu Hause alt werden, da sie nicht mehr unterstützt werden, sondern werden in Altersheime abgeschoben.. Meiner Meinung nach war das ein großer Fehler.. Zudem hat das viele Männer, aus meiner Erfahrung herauß noch ein großes Stück reifen lassen, bevor sie an die Unis gegangen sind. Und das hatten sie dringend nötigt.

Sabrina am 11. Juni 2011

Genau so ging es mir auch die ganze Zeit. Warum soll ich harte Arbeit weit unter dem Mindestlohn verrichten, nur weil z.B. Altenheime nicht genug gelernte Pfleger finden? Das ist, glaube ich, die Schwachstelle des ganzen Systems – wenn die billigen Arbeitskräfte, Zivis, nicht mehr kommen, funktioniert es nicht mehr.
Und jetzt habe ich mich doch für ein FSJ beworben. Aber auch nur, weil ich es im OP ableisten kann und deshalb fast ein Praktikum ist. Wenn ich mir dadurch keine konkreten Chancen für die Zukunft ausgerechnet hätte, hätte ich es nicht gemacht.
Denn Wartezeitüberbrückung oder ein Jahr Auszeit kann man mit mehr Lohn verbringen.

Chris am 11. Juni 2011

Warum sollte ich nach abgeschlossener Schulausbildung einen „freiwilligen“ Dienst bei einer Wohlfahrtsorganisation absolvieren? Es ist für das Gro der Jugendlichen nicht attraktiv unbekannten Hilfsbedürftigen das Bett zu machen oder sie auf Toilette zu begleiten.

Es mag einen Anreiz darstellen dies für eine angemessene Bezahlung zu machen, aber kann ich dann nicht auch ausgebildete Fachkräfte dafür angagieren?

Leider nimmt der Teil Menschen in der Gesellschaft ab, die sich gerne ehrenamtlich, wohltätig einsetzen. Dies mag ein Problem eines ganz anderen Ausmaßes sein, aber ich denke hier liegt ein entscheidener Punkt.

schang am 12. Juni 2011

Ehrenamtlich tätig gibt es schon viele. Aber es ist etwas anderes, ob es hauptberuflich geschieht oder nebenbei ein paar Stunden. Ich kann verstehen, dass junge Leute da kein Interesse dran haben. Selbst mit normalen Nebenjobs, die weniger Zeit und weniger anstrengende Arbeit verlangen, sind sie finanziell wesentlich besser dran.

Stadtneurotiker am 13. Juni 2011

Die Wohlfahrtsverbände sind auch schuld an der nun aufgetretenen Misere. Sie haben jahrelang alles dafür getan, damit der Wehrdienst eben nicht abgeschafft wird. (Allerdings finde ich den Zeitpunkt der Abschaffung des Wehrdienst in einem Jahr, wo sich nicht nur in Bayern zwei Abiturjahrgänge um rare Studienplätze prügeln, sehr unglücklich.) Alternativmodelle haben sie nicht vorgeschlagen. Die Folgen sind für die Einrichtungen, deren Betreute und deren Angestellte unschön. Für die Jugendlichen, die ich betreue, waren die raren, pädagogisch unverdorbenen jungen Männer immer eine Wohltat.

Daß das Budget der Verbände nicht mehr hergibt, liegt an der Finanzierung, die fix geregelt ist. Deswegen können sie auch kaum Werbung machen. Es wäre also eher die Aufgabe des Staates, der über die Mittel verfügt, bessere Anreize zu schaffen (z.B. in Form einer Verringerung von Wartesemestern).

Eintrag kommentieren

*

(c) Daniel Leicher 2008-2024